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#1

Sein größter Wunsch

in Fanfiktion 25.03.2012 07:07
von Sabine | 6.230 Beiträge | 18261 Punkte

Sein größter Wunsch

Lange Zeit lag zurück , seit Edward sich unten in dem kleinen Dorf aufgehalten hatte und man ihn von dort vertrieb . Die Jahre zogen ins Land , weil jeder dachte das er tot sei wagte sich auch keiner mehr an das Schloß heran , die Tore wurden fest verschlossen , sowie versiegelt um nichts mehr zu riskieren .

Doch der künstliche Mensch lebte weiter , Tag für Tag und träumte ebenso oft von der Zeit unten bei den Leuten , doch meistens dachte er nur an seine Kim .
Oft kam sie Anfangs noch zu ihm rauf , heimlich durch eine Lücke im Zaun denn niemand durfte es erfahren , dann lehnte sie sich in seine Arme und sie redeten stundenlang miteinander . Er liebte sie unendlich , ebenso wie sie ihn , aber es gab keine Hoffnung auf eine Zukunft der beiden , das wußten sie auch und so genossen sie das verbotene Leben im Schloss .

Aber nach und nach wurden ihre Besuche weniger , einmal erzählte sie Edward von einem neuen Nachbarn , eher beiläufig , jedoch der sensible Mann mit den Scherenhänden hörte aus ihrer Stimme was sie wirklich empfand . Darum sagte er eines Tages sie sollte gehen und nie wieder zu ihm zurückkommen .
Obwohl sie sich sträubte , nicht auf ihn hören wollte ließ er keine Widerrede zu , sie nicht lieben zu dürfen ist eine Sache , aber sie an einen anderen zu verlieren könnte er nicht ertragen .
Darum scheuchte er sie fort , raus aus seinem Leben , zurückbleibend, mit zutiefst schmerzhaften Erinnerungen an die einzige Frau die er je lieben würde , allein in dem großen Schloss .
Er mußte miterleben wie sie händchenhaltent mit dem anderen durch die Straße ging , zusehen wie sie ihre Sachen in einen großen Möbelwagen packte und wegzog , mit ihr verlor Edward sein Herz das vor lauter Schmerz in tausend Stücke zerbrach .

Seitdem vergingen viele Jahre , einsam und nicht existierend verbrachte er sie in tiefer Trauer . Nun ging es auf Weihnachten zu , es war der 23. Dezember , alle aus der kleinen Stadt trafen sich traditionel im Nachbarort zur großen Feier im Volkshaus wo man noch schnell Gedanken austauschte über das bevorstehende Fest .
Verschlafen und leer lagen die Häuser vor Edward , der wie immer um diese Zeit draußen im Garten an seinen Eisskulpturen schnitzte und so für den herrlichen Schnee sorgte . Bunte Lichter erleuchteten die Dunkelheit durch die geschmückten Häuser , er stand hoch oben und weinte kaum sichtbare Tränen .

So allein in dieser glitzernden Finsternis , in Gedanken an früher schwelgend wurde seine Arbeit von einem Geräusch unterbrochen das er nicht deuten konnte . Es klang märchenhaft , er drehte sich danach um und erstarrte . In einer etwas abgelegeneren Ecke des Gartens bemerkte er , wie sich eine seiner Figuren zu bewegen begann , ängstlich aber dennoch neugierig trat er ein paar Schritte auf sie zu .

Da erhob sie sich plötzlich und ihr Gesicht nahm menschliche Züge an , das Haar wurde golden blond , die Augen tiefblau und sie erstrahlte in unvorstellbarer Schönheit . Am Körper trug sie ein weißes Kleid , das sich sanft anschmiegte und ihre Stimme die nun zu ihm sprach klang so schön , wie er es noch nie zuvor gehört hatte .
” Was siehst du mich so ungläubig an ? ” fragte sie ihn sanft und rutschte vom Sockel . ” Ich bin es , die Frau aus deiner Fantasie , die die du geschaffen hast . ” Ungläubig betrachtete er sie mit weit aufgerissenen Augen .

” Ich ….... ich habe dich erschaffen ? ” Er klang zittrig , denn es war ihm nicht geheuer was er da sah .

” Ja Edward , du hast mich aus Eis geformt , so wie du damals erarbeitet wurdest und zum Leben erwachtest , nun kam deine Zeit und so sollte ich wohl aussehen . ” Sie betrachtete sich und lachte kurz auf , es kam ihm vor als würde durch diesen Klang alles hell erstrahlen , nur mit ihrem Lächeln .

” Du hast mich gezaubert aus deinen Erinnerungen an die über alles geliebte Kim , die sich mit einem anderen vermählte und dich gebrochen zurückließ . Doch mach dir keine Sorgen um sie , es geht ihr sehr gut an der Seite des Mannes sie lebt glücklich mit ihm und ihren Kindern .

Edward staunte was die Frau alles wußte , verwundert blickte er sie an . ” Warum bist du zu mir gekommen ? ” wollte er wissen .

” Um dich zu befreien und dir das zu schenken was du dir am meisten wünscht . ” Sie ging um ihn herum , blieb vor ihm stehen und strich über seine bleiche vernarbte Wange .” Nicht die Liebe ist dein wahrer Wunsch , das was du ganz tief in deinem innersten willst , ist etwas anderes . Du willst ein Mensch sein , nicht nur fühlen wie einer , sondern auch so aussehen . Solange du nicht vollständig bist bleibst du ein Gefangener deiner Gefühle die dich nach und nach innerlich zermürben , daran könnte die größte Liebe deines Lebens nichts ändern , du mußt lernen dich zuerst selbst zu akzeptieren . ”

Er senkte den Kopf . ” Ich kann es aber nicht , solange ich so aussehe . Ja , ich will menschlich sein so wie all die anderen und so aussehen wie sie , das sie keine Angst mehr vor mir haben brauchen . ”

Nun legte sie beide Hände auf seine Schultern . ” Edward , die Leute haben nicht vor dir Angst sondern von dem was sie nicht sehen . Sie erkennen nicht deine wahre Schönheit die sich in deinem Inneren verbirgt , diese reine unschuldige Schönheit die dich zu etwas ganz besonderen macht . Du bist einzigartig , aber das wollen sie nicht wahrhaben in ihren verbohrten , sturen Köpfen in denen jeder wie der andere aussehen muß . Aber das du liebenswert bist das hast du doch durch Kim schon erlebt , die dich so sah wie du wirklich bist . Warum willst du dich ändern ? ”

Sein Blick so unendlich traurig als er in die Augen der schönen Frau blickten . ” Weil ich ganz alleine bin . ” flüsterte er kaum hörbar .

Sie schenkte ihm erneut dieses wärmende Lächeln . ” Du willst ein richtiger Mensch sein ?” fragte sie ihn mit liebevoller Stimme . Er nickte nur schwach .

” Dein Wunsch soll in Erfüllung gehen . ” Nun hob er den Kopf und ein zutiefst ungläubiger Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit .

Die Unbekannte berührte seine Scheren und mit einem Mal erhellte sich der ganze Garten in einem noch nie zuvor gesehenen Licht das sich in vielen verschiedenen wunderbaren Farben spiegelte . Edward fühlte wie es in seinen Armen gribbelte hinunter zu den messerscharfen Werkzeugen , die er durch die Flut des bunten Farbenspiels nicht mehr erkennen konnte , durch seinen Körper floß mit einem Mal ein starkes Gefühl der Befreiung , er schaute hinunter und konnte es nicht glauben .

Er hatte Hände , richtige menschliche Hände , mit wirklichen Fingern die er bewegen konnte . Edward spürte die Tränen der Freude und er ließ ihnen freien Lauf . ” Es ist unfaßbar ….... einfach unfaßbar ….. ” stammelte er und betrachtete sie immer wieder .

Die Frau im weißen Kleid trat auf ihn zu und nahm seine in ihre Hände . ” Kannst du es spüren die Berührung die von mir ausgeht ? ” ” Ja , kann ich und es ist wunderbar .” erwiederte er strahlend .

” Vertraust du mir , Edward ? ” Er sah sie an . ” Ja , das tue ich .” meinte er überzeugend .

” Ich will dir einen Ort zeigen an dem es keine Bosheit , Hass und Neid gibt , an dem du glücklich leben kannst und der nicht so trostlos ist wie dieses alte Schloss . Es würde mich sehr freuen wenn du mich begleiten würdest .”

Er brauchte nicht lange darüber nachzudenken , denn was hatte er hier schon verloren ? Seine große Liebe würde er nie mehr zurückbekommen , auch sonst gab es niemanden der ihn hier wollte , warum also nicht dieser wunderbaren Frau folgen ?

” Ich würde dich gerne begleiten . ” antwortete er und sie umarmte ihn .

Die Anwohner der Stadt wurden auf die seltsamen Lichtspiele oben am Berg aufmerksam und waren hastig herbeigeeilt . Niemand hatte diese Gegend seit dem Vorfall vor 50 Jahren mit dem verunglückten Jungen und dem ” Monster ” betreten , doch nun siegte die Neugierde . So richtig glauben die Bewohner nicht an das Märchen von dem Scherenmann das die Großeltern erzählten , bis heute gab es nicht einmal ein Anzeichen das hier jemand wohnte .Jetzt wollten sie es aber genauer wissen und die Polizei durchbrach die stählernen Ketten .

Die Nacht war weit vorgeschritten , der 24. Dezember hatte bereits begonnen , als sich ein paar wenige Mutige den Weg nach oben trauten .
Überall sah man die Eisskulpturen , zauberhaft schön glänzten sie im Schein der Taschenlampen , der Blick fiel auf eine ganz besondere Frauenstatue die knieend auf einem Sockel zu Boden sah .

Darunter entdeckten sie Edward , der sich an die Eisfrau lehnte , mit zufriedenem Gesichtsausdruck . Er umarmte sie , bewegte sich allerdings nicht .

Einer der Männer ging auf ihn zu und fühlte am Hals seinen Puls , doch da war nichts , gar nichts . Aber seine Scherenhände krallten sich immer noch tief in die Eisschicht der Figur .

Edward starb in der Weihnachtsnacht , umhüllt von einem wunderbaren Traum der ihm den letzten Wunsch gewährte , nämlich so zu sein wie all die anderen .

Doch das konnten die verbohrten , sturen Menschen die ihn fanden leider nicht sehen …....


zuletzt bearbeitet 25.03.2012 07:15 | nach oben springen


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